Über die Wunde

Es gibt Nächte, da sitzt die Kriegerin am Feuer und rauft sich verzweifelt die Haare. Sie sinnt dann wieder und wieder nach dem täglichen Kampf auf dem Schlachtfeld ohne Gegner, über das Schlimmste nach, was ihr passieren konnte: dass sich ein Gefährte, dem sie bedingungslos vertraute und der ihr ungemein viel bedeutete, anschickte, ihr dieses Vertrauen zu entziehen und sie des Schwachsinns, der Übersteigerung und der Lüge zu bezichtigen!!!

Schon weit vorher bat sie diesen Gefährten oft genug um seine Einschätzung bezüglich bestimmter Energien und äußerte Zweifel, ob sie sich nicht doch einer Illusion hingäbe, worauf dieser ärgerlich antwortete: „Eines sage ich Dir: zweifle niemals an deinen Fähigkeiten!“

Dass genau dieser Gefährte nun das Schwert gegen sie erhebt, trifft sie so hart, wie kaum etwas zuvor auf ihrer Lebensreise. Aber sie versucht trotzdem zu wachsen und zu erkennen, auch wenn die Wunde, die er ihr schlug, tief, blutend und eitrig ist. Oft fragt sie sich dann, ob das die Strafe für all ihre Frevel und Irrtümer auf ihrer Reise ist, aber vermag keine Antwort zu finden.

Die Kriegerin wird nicht fallen! Sie weiß, dass sie strauchelt, dass sie schwach und angeschlagen ist, aber sie wird niemandem ihrer Gegner den Gefallen tun, sie fallen zu sehen. Sie weiß, dass dieser Gefährte und sie ungemein viel gemeinsam haben, so auch den Stolz! Diese Gabe ist das Einzige, was beide manchmal rettet und so sieht man sie als Essenz aus dem Ganzen nur stumm ihr Schwert putzen.